KOST

 

Die Ernährung unserer germanischen Vorfahren war im Vergleich zu unseren heutigen Gewohnheiten nicht nur einfach, sondern geradezu karg und asketisch. Eine Küchen- und Eßkultur im eigentlichen Sinne des Wortes gab es damals nicht. Was das Thema Ernährung angeht, waren die Verhältnisse in der Tat recht barbarisch, wie die Römer die Germanen zu schimpfen pflegten.

Über die Ernährung der Germanen können uns, neben Berichten antiker römischer Autoren nur archäologische und archäobotanische Quellen Auskunft geben. Leider liefert uns die germanische Küche keine Kochrezepte, wie wir sie z.B. von Apicius aus dem römischen Bereich kennen. Einen Hinweis auf die Zubereitung von Speisen gibt uns Tacitus: Ihre Speisen sind einfach: wildes Obst, frisches Wild oder geronnene Milch. Ohne besondere Zurüstung und ohne Leckereien vertreiben sie den Hunger.
Einige römische Autoren liefern uns Beschreibungen zur Ernährung und Wirtschaftsweise der Germanen. So z.B. Tacitus, Plinius und Caesar. Demnach lebten die Germanen überwiegend von der Viehzucht, betrieben aber auch Ackerbau. Laut Caesar bestand ihre Nahrung zum größten Teil aus Milch, Käse und Fleisch.

Der Fleischkonsum wurde in den Schilderungen von Caesar und Tacitus aber drastisch übertrieben. Aufgrund archäologischer Untersuchungen wissen wir heute, daß Fleisch nur einen Anteil von mikrigen 3% an der Ernährung der Germanen hatte. Das romantische Bild des ständig Wildschwein futternden Germanen trifft also keinesfalls zu, wie so viele andere romantische Interpretationen der Germanen auch. Wir können also davon ausgehen, daß unsere Ahnen nur zu besonderen Anlässen Fleisch gegessen haben. Das können aufgrund der geringen Menge nur feierliche Anlässe, oder unverhofftes Jagdglück gewesen sein.

Ernährungsphysiologisch und auch im Hinblick auf einen nachhaltigen Umgang mit unserer Umwelt, ist dieser geringe Fleischkonsum auch heute sehr zu begrüßen und sollte uns Vorbild sein. Regelmäßiger Fleischkonsum ist nicht nur ungesund, sondern führt durch die Nähstoffveredelung auch zu großer Verschwendung von Nahrung und Ressourcen.

Jagd: Die Jagd war einer der wichtigsten Bestandteil im Leben der Germanen. Sie diente weniger der Versorgung mit Nahrung, sondern war viel mehr ein Ruhmnachweis jedes einzelnen Jägers. Diese waren Männer, aber auch zum Teil auch noch Jungen. Erst wer gute Beute, zumeist Auerochsen, gemacht hatte, galt als etwas. Jeder, der selbstständig ein Tier erlegt hatte, bekam dessen Horn, und bewahrte es auf, um sich zu messen. Die Jagd sollte die jungen Männer abhärten und auf den Kampf vorbereiten. Bei der Jagd ging man so vor, dass das Tier in eine Grube gelockt und anschließend getötet wurde. Aber nicht nur das Fleisch und die Hörner fanden Verwendung, auch das Fell wurde weiterverarbeitet.

Viehzucht: Gezüchtet wurden Schweine, Rinder, Pferde und Schafe. Die prozentuale Verteilung hingt von der Umgebung ab: In Waldgebieten mit viel Eichen- und Buchenbestand wurden vornehmlich Schweine (Futter: Eicheln/ Bucheckern), so wie in waldlosen Grasgebieten Rinder bzw. Pferde und Schafe gehalten. Sie galten als Käse-, Milch-, und Fleischlieferanten. Die Tiere waren im allgemeine viel kleiner als die, die wir heute kennen.

Ackerbau: Aufgrund der Jagd und Viehzucht, legten die Germanen keinen besonderen Wert auf den Ackerbau. Obwohl dieses Verhältnis sich von Stamm zu Stamm änderte und von der Umgebung und Einstellung des Stammes abhing. Angebaut wurden:
-Getreide: Hirse, Gerste, Weizen, Hafer und Roggen
-Gemüse: Möhren, Kohl, Rettich, Kopfsalat, Spargel, Porree, Zwiebel und Sellerie
-Obst war äußerst selten, nur am Rhein und Donau wurden Weintrauben angebaut, deren Nutzung allgemein bekannt ist. Auch Unkraut, wie Ackerspargel, Gänsefuß und Knöterich konnten im Mageninhalten von Moorleichen gefunden werden, was darauf hinweist, dass die Germanen Kräuter/Pflanzen gesammelt haben.

Hülsenfrüchte: Hülsenfrüchte waren vor der Einführung der Kartoffel im 18. Jahrhundert neben Getreide die wichtigsten Lieferanten der für die Ernährung wichtigen Kohlenhydrate. Bekannt waren bei den Germanen vor allem folgende Hülsenfrüchte: Erbse (angebaut seit der Jungsteinzeit um 5500 v.Chr. bis heute), Linse (wie die Erbse eine der ältesten Ackerpflanzen), Ackerbohne (seit der Bronzezeit angebaut, heute häufig von größeren, amerikanischen Bohnensorten verdrängt).

Ölfrüchte: Aus den Samen folgender Pflanzen haben die Germanen wahrscheinlich Speiseöl gewonnen: Mohn (Neben der Pflanzenölgewinnung wurde Mohn in Form von Opium für Arzneizwecke genutzt), Leindotter (eignete sich Aufgrund seiner Anspruchslosigkeit und kurzen Entwicklungsdauer als Aushilfsfrucht, wenn die eigentliche Saat nicht aufgegangen war), Senf (ursprünglich im Mittelmeergebiet beheimatet, ist die Verwendung von Senf ab dem frühen Mittelalter auch bei den Germanen belegt).

Ölgewinnung: Die Gewinnung von Pflanzenöl ist für das germanische Siedlungsgebiet kaum nachzuweisen. Dennoch stellt sich die Frage, ob die Germanen aus dem reichhaltigen Angebot an verschiedenen ölliefernden Pflanzen wie Lein-, Leindotter und Mohnsamen, oder aus den ölhaltigen Früchten wie Haselnüssen, Bucheckern, Rosskastanien, Lindensamen und Holunderbeeren Öl gewonnen haben könnten. Die Anwendungsmöglichkeiten von Pflanzenöl sind vielseitig. Man denke an die Bereiche Speisezubereitung und -konservierung. Seifen- und Salbenherstellung, sowie an die Verwendung als Schmiermittel.

Den Germanen waren Pflanzenöle, hauptsächlich Olivenöl, durch die Römer bekannt. Dieses belegt eine Schrift Aelfrics. Dieser berichtet in einer Predigt über den heiligen Benedikt von den Italienern "die Leute in diesem Lande nehmen Öl zu ihren Speisen wie wir Butter". Das Fehlen von eindeutigen Hinweisen zur Ölgewinnung im germanischen Raum ist möglicherweise eine reine Forschungslücke.

Der erste Schritt zur Ölgewinnung ist stets die Zerkleinerung der Ölsaat oder -frucht, um die ölhaltigen Zellen aufzubrechen. Hierbei können bereits kleinere Mengen Öl austreten. Durch anschließendes Aufkochen erreicht man eine Härtung des Sameneiweißes, um damit den Austritt des Fettes zu erleichtern. Beim Aufkochen mit Wasser lösen sich einzelne Fettteilchen und sammeln sich zu Fettaugen, die bereits abgeschöpft werden können. Sollten die Germanen dieses Verfahren angewandt haben, ließe es sich archäologisch nicht nachweisen.

Eine wesentlich größere Ausbeute erhält man durch das Quetschen der Ölsaat, z.B. in einer Art Mörser, der in Einzelfällen durch Zugtiere angetrieben worden sein kann. Die größte Ausbeute erhält man durch Pressen der ölhaltigen Materialien. Das zerkleinerte und geröstete Gut wird zwischen einen Pressbock gelegt. Der Pressdruck kann durch Hebelwirkung oder durch den Einsatz von Keilen erzeugt werden. Die ältesten, in das 3.Jahrhundert v. Chr. datierenden Pressen stammen aus dem chinesischen Raum.

Aus dem slawischen Groß-Raden ist eine Keilpresse erhalten, die aus den 9.-12. Jahrhundert n.Chr. stammt. Sie ist der einzige Hinweis zur frühmittelalterlichen Ölgewinnung. Einen weiteren Hinweis liefert Theophilus in seinem Werk "Schedula diversarium artium" aus der Zeit um 1100 n.Chr., in der er die Vorbehandlung des Saatgutes bei der Ölgewinnung beschreibt, aber leider nicht die Konstruktion der Ölpresse.

Getränke: Beliebt waren Säfte aus Gerste/Weizen oder aus Weintrauben. Auch wenn sie weit in der Obstherstellung zurücklagen, die Kunst des Weins verstanden sie schon sehr früh. Durch die Trunksucht schienen sie ihre Probleme besser verdrängen zu können als in Kämpfen. Frauen oder Antialkoholiker bevorzugten geronnene Milch und gepresstes Obst.